Ein Überblick, was Ihr von Investorengesprächen erwarten könnt
Material für Investoren #1: Investoren ansprechen ist einfach, ihnen das richtige Material zu liefern ist hart. Um Investoren kennen zu lernen, braucht man kein großes Netzwerk, das ergibt sich mit der Zeit von selbst. Was sich nicht von selbst ergibt, ist das Material zu haben, das man nach und nach abliefern muss, um mit Investoren im Gespräch zu bleiben. Und dieses Material zu erstellen erfordert Planung, Vorbereitung und viel Arbeit.
Ich habe es oft genug erlebt, dass Gespräche versanden, weil das richtige Material zur richtigen Zeit nicht zur Hand ist. Hier meine Learnings zur Erstellung von Investorenmaterial, zur besten Vorbereitung vor der Ansprache und zum nachhaltig professionellen Auftreten.
Investorenansprache ist wie Vertrieb. Man geht raus, trifft Investoren auf Veranstaltungen, bekommt Intros von anderen Gründern, schreibt VCs über Social Media oder kalt per Email an.
In den Anfängen von labfolder habe ich den Fehler gemacht, dass ich nicht vorbereitet genug gestartet bin. Meine Mitgründer und ich wußten damals einfach nicht, was man genau braucht. Ich hatte keine Ahnung, welche Folien ein Pitch Deck enthalten sollte, wie man am besten einen Finanzplan strukturiert (so das andere ihn auch verstehen!) und schon gar nicht, wie ein Sales Dashboard aussieht.
Natürlich hatten wir eine Art Pitch Deck und auch einen Finanzplan, aber es hat viel Feedback, Lernen und neu machen gebraucht, bis unser Material halbwegs in Ordnung war.
Ich bin sicher, dass wir in den Anfängen von labfolder viele Investoren “verbrannt” haben, weil wir das Momentum verloren haben, weil ich nicht zum richtigen Moment das richtige Material liefern konnte, zu viel Zeit zum Nacharbeiten brauchten und schlussendlich das Momentum verloren haben. Und das ist echt das ärgerlichste, was einem passieren kann.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Stress, den man durch mangelnde Vorbereitung selbst verschuldet: Oft hatte ich mehrere Investoren an der Hand, die unsere Idee und Produkt prinzipiell gut fanden, aber gleichzeitig mehr Informationen zu bestimmten, aber verschiedenen Themen haben wollten.
“Coole Idee, schick mir doch mal eine genaue Wettbewerbsanalyse.”, kommt von einem Investor, gleichzeitig schreibt ein anderer “Interessantes Produkt und toller Markt, Euer Vertriebsmodell verstehe ich aber noch nicht ganz. Wie sieht Euer Funnel aus?”
Wenn man beide Materialien nicht fertig aus der Schublade ziehen kann, ist die Gefahr hoch, dass man zumindest bei einem Investor das Momentum verliert.
Nachliefern in einer Woche ist schon zu lange. Und nebenbei will man auch noch das Geschäft voranbringen und ist permanent in der Situation, dass man sich selber sagt: Toll, dass ich jetzt einen schönen Vertriebs-Trichter malen soll, aber eigentlich muss ich Vertrieb machen!
Daher starte ich jetzt diese Serie, damit ihr euch die beste Ausrüstung zusammenstellen könnt und perfekt ausgerüstet ins wilde Investorenland ausziehen könnt. Macht euch zum Ziel, dass wenn Euch ein Investor nach irgendetwas fragt, ihr sicher sagen könnt: “Klar, kein Problem. Schicke ich, sobald ich wieder am Schreibtisch sitze.”
Ein wichtiger Aspekt noch für die Erstellung von Investormaterial: Wartbarkeit. Genauso oft, wie ich es erlebt habe, das Materialien fehlten, habe ich erlebt, dass Materialien zu “over-engineert” waren, um einfache Updates und Anpassungen vorzunehmen. Es hilft einem nicht, wenn das Pitch Deck perfekt designed ist. Eure Investorenansprache wird sich über Monate ziehen, gleichzeitig ändert sich Eure Vertribes-Pipeline (hoffentlich!) und wenn man dann Update des Sales Funnels im Pitch Deck immer wieder einen Designer oder eigene Zeit in Photoshop braucht, ist das wertvolle Zeit, die man verliert. Genauso ist das mit dem Finanzplan, der ja immer ein Forecast ist und sich mit den Ergebnissen eines abgelaufenen Monats ändert, wie auch mit den Meilensteinen, die ja möglicherweise währende der Investorenansprache erreicht werden oder sich ändern.
Zur Sache: Was braucht man für die perfekte Investorenansprache?
Hier eine grobe Liste. Ich habe versucht, ein bisschen zwischen den ersten Stadien eines Start-ups zu differenzieren (Pre-seed, Seed, Series A), um einen Indikator zu liefern, welches Material wann wichtig ist. Aber aufpassen, natürlich kann es sein, dass auch schon für die Seed-Runde ein Sales Dashboard angefragt wird, wenn vorher damit geprahlt wurde, dass man schon so und soviel Kunden hat ;-)
Pre-Seed | Seed | Series A | |
Pitch Deck (ppt / gSlides) | 10-12 Folien | 10-15 Folien | 15-20 Folien |
Forecast/Finanzplan (xls / gSheet) | ja, einfach | ausführlich | ausführlich |
Marktanalyse (xls / gSheet) | ausführlich | ausführlich | ja, nicht mehr so wichtig |
Wettbewerberanalyse (xls / gSheet) | ausführlich | ausführlich | ausführlich |
Sales Dashboard (xls / gSheet) | nein | Eher nicht | ja |
Elevator pitch (text) | ja | ja | ja |
Email template middleman (text) | ja | ja | ja, nicht mehr so wichtig |
Cap Table | Eher nicht | ja | ja |
Wie ihr seht, gibt es auch einige Materialien, die in späteren Phasen unwichtiger werden. Auch das ist natürlich nur pauschal veranschlagt, aber in Series A wurde ja schon von anderen Investoren schon investiert und die Series A Investoren vertrauen in der Regel auf die Seed-Investoren, dass in Sachen auf Marktpotential schon auf Herz und Nieren geprüft wurde. Ich selber erinnere mich zumindest gut daran, dass die Frage nach einer ausführlichen Marktanalyse für Pre-Seed und Seed immer kam, später für die Series A aber eher selten.
Genauso gehe ich bei der Einbindung von Middlemen davon aus, dass man in der Series A schon selber ein gutes Netzwerk hat bzw. Middlemen das Unternehmen schon besser kennen, so dass man maximal ein Text-Snippet liefern braucht, damit der Middleman den Investor einfacher ansprechen kann.
Zum Schluss noch etwas wichtiges:
Ich glaube fest daran, dass Investorenansprache nicht die Kernaufgabe eines Unternehmers ist und das ein Startup sich nicht daran messen sollte, wie viel Investorengelder es schon geraised hat.
Es ist eine Kernaufgabe eines Unternehmers, immer genug Cash flüssig zu haben, aber das sollte in erster Linie von Umsätzen aus dem regulären Business, d.h. einem guten Produkt und guten Services kommen und nicht nur von Investoren.
Für viele Startups geht der Weg zu den ersten substantiellen Umweg über Investoren, aber Geld von Investoren aufnehmen sollte meiner Ansicht nach nicht der Selbstzweck eines Unternehmens werden.
Ich schreibe das auch ganz ehrlich, weil ich im Rückblick vielleicht selber zeitweise zu viel Zeit mit Investoren verbracht habe. Es gab sicher Zeiten, die von meiner Seite viel besser direkt in das Business hätten investiert werden können!
Ich schreibe diese Serie also nicht weil ich denke, dass Investorenansprache und die Erstellung von gutem Investorenmaterial das wichtigste überhaupt ist, sondern weil ich jedem mitgeben will, wie am wenigsten Zeit damit verplempert, um sich eben genau auf das Wichtigste zu konzentrieren: Euer richtiges Business.
Im nächsten Teil dieser Serie geht es um das Pitch Deck - Euren ersten Auftritt bei Investoren.
Ein Überblick über die gesamte Serie:
Disclaimer: Eher ein Überblick darüber, was die Serie mal enthalten soll… da sich die meisten der Texte derzeit in Rohform - oder noch gar nicht! - existieren, behalte ich mir Änderungen natürlich vor. Wenn es ein Thema gibt, über das ich unbedingt schreiben soll, aber ggf. in dieser Liste nicht auftaucht, hinterlasst einfach einen Kommentar!
Teil 1: Material für Investoren: Bereitet Euch vor! Der ungeschönte Überblick, was euch erwartet.
Teil 2: Das Pitch Deck - Euer erster Auftritt vor Investoren
Teil 3: “Danke für das Pitch Deck, schick mir doch mal Euren Finanzplan” - Work in progress ;-)
Teil 4: Marktanalyse - Work in progress ;-)
Teil 5: Wettbewerberanalyse - Work in progress ;-)
Teil 6: Jetzt heißt es “Hosen runterlassen”: Euer Sales Dashboard - Work in progress ;-)
Teil 7: Auf dem Weg zum Deal: Die Cap Table - Work in progress ;-)
Teil 8: Deal oder kein Deal - In jedem Fall war das nur der Anfang - Work in progress ;-)